Finanzen

Exit-readiness: sieben konkrete finanziellen checks vor einem unternehmensverkauf

Exit-readiness: sieben konkrete finanziellen checks vor einem unternehmensverkauf

Ein Unternehmensverkauf ist ein zentraler Wendepunkt — emotional wie finanziell. In vielen M&A-Prozessen entscheidet nicht nur das Geschäftsmodell oder die Marktstellung über den Kaufpreis, sondern vor allem die finanzielle Vorbereitung. Aus meiner Praxis als Beraterin weiß ich: wer früh und systematisch prüft, vermeidet Überraschungen, erhöht den Verhandlungsspielraum und beschleunigt den Prozess. Nachfolgend teile ich sieben konkrete finanzielle Checks, die Sie vor einem Verkauf unbedingt durchführen sollten.

1. Saubere und nachvollziehbare Finanzberichte

Der erste Eindruck zählt: Käufer beginnen fast immer mit der Analyse von Bilanzen, GuV und Cashflow-Statements der letzten drei bis fünf Jahre. Ich empfehle:

  • Stellen Sie vollständige Jahresabschlüsse und, falls möglich, geprüfte Abschlüsse (Audit) bereit.
  • Bereinigen Sie außergewöhnliche, einmalige oder sanktionierte Posten (z. B. private Entnahmen, Einmalverluste) und dokumentieren Sie die Bereinigungen.
  • Ergänzen Sie eine erläuternde Management-Review, die Saisonalitäten, Trends und außergewöhnliche Effekte erklärt.
  • Ein Käufer bewertet nicht nur den historischen Gewinn, sondern auch, wie transparent und verlässlich die Zahlen sind. Transparenz schafft Vertrauen — und oft besseren Preis.

    2. Cashflow- und Working-Capital-Analyse

    Ein positiver Gewinn heißt nicht automatisch, dass das Unternehmen liquide ist. Ich prüfe im Vorfeld:

  • Durchschnittliches operatives Working Capital (Debitoren, Vorräte, Kreditoren) und dessen saisonale Schwankungen.
  • Einmalige Cash-Belastungen oder -Entnahmen, die vor Verkauf korrigiert werden müssen.
  • Prognosen zum operativen Cashflow für die nächsten 12 Monate — konservativ und stressgetestet.
  • Verkäufer unterschätzen häufig, wie stark Käufer Working Capital als Kaufpreisanpassung nutzen. Eine klare Darstellung und ggf. Optimierung vor Verkaufsstart kann mehrere hunderttausend Euro Unterschied machen.

    3. Steuer- und Rechtscheck

    Steuerverpflichtungen, anhängige Verfahren oder bilanzielle Risiken sind Deal-Breaker. Mein Vorgehen:

  • Lassen Sie Steuererklärungen und -bescheide der letzten fünf Jahre überprüfen (ggf. durch einen Steuerberater mit M&A-Erfahrung).
  • Identifizieren Sie latente Steuerrisiken — z. B. Transferpreisfragen, Verlustvorträge, Betriebsprüfungen.
  • Klärung von Vertragsklauseln mit Kunden, Lieferanten oder Mitarbeitern, die bei einem Eigentümerwechsel greifen (Change-of-Control-Klauseln).
  • Bei internationalen Tätigkeiten sind Doppelbesteuerungsabkommen und Verrechnungspreisdokumentationen oft kritische Punkte.

    4. Bewertung und Berechnung eines plausiblen Kaufpreises

    Viele Unternehmer haben ein Bauchgefühl über den Wert ihres Unternehmens — das ist wichtig, reicht aber nicht. Ich arbeite mit mehreren Methoden und vergleiche Ergebnisse:

  • Ertragswertverfahren (Discounted Cash Flow) für wachstumsorientierte Unternehmen.
  • Multiples (EV/EBITDA, EV/Sales) als Marktcheck, basierend auf Branchen-Benchmarks (z. B. M&A-Datenbanken wie PitchBook, S&P Capital IQ).
  • Substanzwert, wenn Vermögenswerte oder Liegenschaften dominieren.
  • Wichtig: Definieren Sie klar, welche Posten im Enterprise Value enthalten sind (Cash, Schulden, Pensionsverpflichtungen). Ich empfehle, mehrere Szenarien (Basisszenario, best-case, worst-case) zu dokumentieren — das hilft in Verhandlungen.

    5. Bereinigung der Bilanz und One-Offs

    Vor einem Verkauf lohnt sich eine gezielte Bereinigung:

  • Trennen Sie betriebliche von nicht-betrieblichen Vermögenswerten (z. B. private Immobilien, Beteiligungen).
  • Beheben Sie notwendige Investitionsrückstände, die ein Käufer sofort tätigen müsste (IT, Maschinen, Compliance).
  • Entfernen oder dokumentieren Sie Einmalaufwendungen und nicht fortführungsrelevante Verbindlichkeiten.
  • Das Ziel ist, ein „sauberes“ Unternehmen zu präsentieren, dessen zukünftige Ertragskraft nicht durch offensichtlich notwendige Nachinvestitionen gemindert wird.

    6. Konkrete Szenario- und Sensitivitätsanalysen

    Käufer wollen wissen, wie robust Ihr Geschäftsmodell gegenüber Marktveränderungen ist. Ich erstelle regelmäßig Sensitivitätsanalysen:

  • Variationen im Umsatz (±10–30 %) und deren Auswirkungen auf EBITDA und Free Cashflow.
  • Auswirkungen von Margenänderungen, Wechselkursschwankungen oder Rohstoffpreisen.
  • Bestimmung von Break-Even-Punkten und kritischen Hebeln (Kundenzentren, Produkte, Vertriebskanäle).
  • Solche Analysen zeigen nicht nur Risiken, sondern auch Chancen zur Wertsteigerung — und machen Ihr Angebot für Käufer kalkulierbar.

    7. Steuerplanung und Gestaltung des Deal-Structures

    Die Struktur des Deals (Asset-Deal vs. Share-Deal, Earn-Outs, Vendor Loans) hat massive steuerliche und wirtschaftliche Auswirkungen. Meine Hinweise:

  • Frühzeitige Abstimmung mit Steuerexperten: Welche Struktur maximiert den Erlös nach Steuern?
  • Bewertung von Earn-Outs: Sind sie notwendig und wie realistisch ist ihre Erreichbarkeit?
  • Liquiditätsplanung nach Deal-Kosten (Beraterhonorare, Steuerzahlungen, Abfindungen).
  • Oft lassen sich durch eine geschickte Strukturierung mehrere Prozentpunkte des Kaufpreises steueroptimiert sichern — das ist häufig mehr Wert als kurzfristige Einsparungen in der Verkaufsberatung.

    Praxis-Tipps zur Umsetzung

    Zum Abschluss einige praktische Hinweise aus meinen Projekten:

  • Beginnen Sie früh — idealerweise 12–24 Monate vor dem angestrebten Exit. Gute Vorbereitung zahlt sich exponentiell aus.
  • Erstellen Sie ein zentrales Data Room-Template: Strukturierte Ordner für Financials, Verträge, HR, IT, IP etc. Das verkürzt Due Diligence erheblich.
  • Binden Sie interne Stakeholder (Geschäftsführung, CFO, HR) und externe Experten (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, M&A-Berater) frühzeitig ein.
  • Kommunikation: Legen Sie eine Kommunikationsstrategie für Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten fest — Unsicherheit kann den Wert mindern.
  • Ein Beispiel: In einem Mittelstandsprojekt habe ich durch frühzeitige Working-Capital-Optimierung und Bereinigung der Bilanz eine Kaufpreisanpassung von rund 12 % zugunsten des Verkäufers verhindert. Der Aufwand: drei Monate intensive Aufarbeitung und klare Dokumentation — im Verhältnis zum Mehrerlös eine sehr rentable Investition.

    CheckZielZeithorizont
    FinanzberichteTransparente, geprüfte Zahlen3–12 Monate
    Working CapitalOptimierter Cashbedarf3–6 Monate
    Steuer-CheckRisiken minimieren1–3 Monate
    BewertungRealistische Preisvorstellung1–2 Monate
    Bilanzbereinigung„Sauberes“ Unternehmen1–6 Monate
    SzenarienRobustheitsanalyse2–4 Wochen
    Deal-StructuringMax. Erlös nach Steuern1–3 Monate

    Wenn Sie möchten, können wir gemeinsam Ihre aktuelle Situation kurz durchgehen (z. B. per Kurz-Checkliste oder Data-Room-Review). Oft reichen wenige, gezielte Maßnahmen, um die Exit-Readiness signifikant zu verbessern.

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