Als Gründerin und Beraterin habe ich unzählige Male erlebt, wie Unternehmen ihre Produktkalkulationen auf Basis grober Faustregeln aufbauen — und erst im Nachhinein überrascht sind, warum die Marge so dünn ist. Kostentransparenz ist kein Luxus, sondern eine operative Notwendigkeit. Ich zeige Ihnen eine Methode, mit der Sie in etwa vier Minuten pro Artikel versteckte Produktkosten systematisch aufdecken können. Praxisnah, direkt umsetzbar und ohne aufwendige IT-Projekte.
Warum vier Minuten? und was verstehe ich unter „versteckten Kosten“
Vier Minuten sind ein Zeitziel, das zwei Dinge erzwingt: Fokus und Standardisierung. Statt eine komplette Kostenrechnung neu zu bauen, schaffen Sie mit einem schlanken Prozess schnell Klarheit — genug, um Entscheidungen zu treffen oder tiefer zu analysieren. Versteckte Kosten sind alles, was in der Standardkalkulation häufig fehlt: Verpackung, Retourenquote, Gebühren (Marktplätze, Payment), Qualitätskosten, Lagerverluste, Energieanteile, Handling-Aufwand bei Sonderaktionen und Abschreibungen auf Mindestbestände.
Die 4-Minuten-Checkliste — Schritt für Schritt
Ich arbeite mit einer strukturierten Checkliste, die pro Artikel in vier Minuten abgearbeitet werden kann. Sie lässt sich in Excel, Google Sheets oder einem einfachen ERP-Feld abbilden.
Jeder Punkt hat eine kurze Erklärung in der Zeile daneben — so bleiben die vier Minuten realistisch. Ich empfehle, die Liste physisch auf dem Bildschirm neben dem Artikelblatt zu platzieren.
Praxis: So berechne ich die häufigsten versteckten Posten schnell
Ich zeige Ihnen konkrete Rechenwege, die ich bei Kundinnen und Kunden nutze.
1. Verpackung & Logistik
Statt pauschal 0,50 € zu schätzen, frage ich: Welche Verpackungsart? Wie viel wiegt das Paket? Welche Versandtarife gelten? Bei Amazon FBA zum Beispiel gibt es spezifische Gebühren für Größe und Gewicht. Ich rechne: Verpackung (Material + Arbeit) + durchschnittliche Versandkosten = Logistikkosten pro Stück.
2. Marketplace- & Zahlungsgebühren
Marktplätze (Amazon, eBay, OTTO) und Payment-Anbieter (Stripe, PayPal) haben unterschiedliche Gebührenstrukturen: Prozentualer Anteil + Fixbetrag. Beispiel: Amazon Referral 15% + FBA-Gebühr 2,50 € -> addieren. Für Abos/Shopify einfach den Monatsbetrag auf erwartete Verkäufe pro Monat umlegen.
3. Retourenquote und Qualitätskosten
Retouren sind oft der teuerste „versteckte“ Posten. Ich halte eine konservative Basisquote (z. B. 8% im Fashion-Bereich, 3% bei Consumer Electronics) und multipliziere mit dem Verkaufspreis, ziehe Rückerstattungen und Wiederaufbereitungskosten ab. Für Produkte mit hoher Komplexität sammele ich historische Daten und passe die Quote an.
4. Lagerkosten & Kapitalbindung
Lagerkosten = Lagerfläche pro Stück inkl. Handling + jährliche Abschreibung auf Bestandswert (Kapitalbindung). Eine einfache Formel: (Lagerkosten pro m² / durchschnittliche Stückzahl pro m²) + (Zinskostensatz * durchschnittlicher Lagerbestand). Für schnelles Screening nutze ich einen Pauschalsatz von 1–3% des EK pro Monat.
Ein kleines Tabellenbeispiel (Schnellübersicht)
| Posten | Betrag (€) | Kommentar |
|---|---|---|
| EK / Herstellung | 12,00 | Lieferant, inkl. Zoll |
| Verpackung & Versand | 1,20 | Material + Standardversand |
| Marketplace & Payment | 2,10 | 15% + Fixkosten |
| Retouren (5%) | 0,90 | Bearbeitung & Wertverlust |
| Lager & Kapitalbindung | 0,60 | monatlich anteilig |
| Overhead-Anteil | 0,50 | Admin, IT |
| Gesamtkosten pro Stück | 17,30 |
Wie ich die Prozesse organisiere, damit die 4 Minuten realistisch bleiben
Wichtig ist Standardisierung: Ich habe für Klienten Vorlagen in Google Sheets erstellt, mit vordefinierten Dropdowns (Retourenrate, Verpackungsart, Marktkanal). So reicht es, die wichtigsten Felder zu aktualisieren — der Rest rechnet automatisch. Wenn Sie mehrere SKUs haben, lassen sich 10–20 Artikel in einer Stunde screenen und priorisieren.
Was tun, wenn die versteckten Kosten zu hoch sind?
Ich folge einer klaren Priorisierung:
Typische Fehler und wie Sie sie vermeiden
Aus meiner Erfahrung gibt es einige wiederkehrende Fehler:
Tools und Datenquellen, die ich empfehle
Für das schnelle Screening reichen einfache Tools:
Für größere Unternehmen lohnt sich später die Integration in BI-Tools (Power BI, Tableau) und eine Verbindung zwischen ERP und Lagerverwaltung.
Wenn Sie möchten, stelle ich Ihnen eine kompakte Vorlage zur Verfügung, die Sie direkt in Google Sheets importieren können — inklusive Dropdowns für Retourenraten und automatischer Berechnung der Gesamtkosten. Senden Sie mir einfach eine kurze Nachricht über die Kontaktseite von HVbExpertise oder nutzen Sie den Kommentarbereich unten auf dem Blog.