Finanzen

Wie sie eine Liquiditätsplanung erstellen, die 90 Tage cash-flow-schwankungen zuverlässig abfängt

Wie sie eine Liquiditätsplanung erstellen, die 90 Tage cash-flow-schwankungen zuverlässig abfängt

Liquidität ist das Lebenselixier jedes Unternehmens. Aus meiner Praxis als Beraterin weiß ich: Viele Firmen haben ein gutes Geschäftsmodell und sind profitabel auf dem Papier — und geraten trotzdem in Not, weil sie ihre Zahlungsflüsse nicht ausreichend planen. In diesem Beitrag zeige ich Ihnen, wie Sie eine pragmatische Liquiditätsplanung aufbauen, die 90 Tage Cash‑Flow‑Schwankungen zuverlässig abfängt. Ich arbeite dabei mit erprobten Methoden, konkreten Berechnungsschritten und Praxis‑Tools, die sofort anwendbar sind.

Warum eine 90‑Tage‑Planung sinnvoll ist

Eine 90‑tägige Perspektive ist aus mehreren Gründen besonders praktisch: Sie ist kurz genug, um handlungsfähig zu bleiben, und lang genug, um saisonale Schwankungen, Zahlungsziele und Beschaffungszyklen abzubilden. Außerdem erlaubt sie kurzfristige Finanzentscheidungen — etwa Zahlungsaufschub verhandeln, Kreditlinien aktivieren oder Kunden­anzahlungen vereinbaren — bevor eine Liquiditätslücke kritisch wird.

Grundprinzipien meiner Vorgehensweise

Meine Herangehensweise basiert auf drei einfachen Prinzipien:

  • Cash‑zuerst denken: Einnahmen und Ausgaben werden auf Zahlungszeitpunkt und nicht auf Rechnungsdatum abgestimmt.
  • Szenarien bauen: Mindestens drei Szenarien (Baseline, pessimistisches Worst‑Case, optimistisches Best‑Case) abbilden, um Reaktionsoptionen zu planen.
  • Handlungsorientiert planen: Jede Lücke muss eine konkrete Maßnahme haben — z. B. Zahlungszielverlängerung, Factoring, Kostenstopp.
  • Schritt‑für‑Schritt: Die Liquiditätsplanung erstellen

    Im Folgenden beschreibe ich den Ablauf, den ich in Projekten mit Geschäftsführern und Finanzverantwortlichen erfolgreich einsetze.

    1. Ausgangsdaten sammeln

    Sammeln Sie die folgenden Datenquellen:

  • Bankkontostände der letzten 3 Monate
  • Offene Forderungen (Debitorenliste) mit Fälligkeitsdatum
  • Lieferantenverbindlichkeiten mit Fälligkeit
  • Wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben (Miete, Löhne, Leasing, Versicherungen)
  • Planungsannahmen: erwartete Neukunden, Umsatzverlauf, Zahlungsziele
  • Ich nutze oft Excel oder Google Sheets für den Start; für größere Unternehmen empfiehlt sich ein Tool wie Cashflow‑Manager oder Planful. Wichtig ist: alle Beträge müssen auf Zahlungszeitpunkt normiert werden (z. B. Zahlungseingang 30 Tage nach Rechnung).

    2. Zeithorizont und Granularität festlegen

    Für 90 Tage empfiehlt sich eine tägliche oder wöchentliche Granularität. Ich arbeite bevorzugt wöchentlich, weil das ausreichend differenziert ist und die Pflege überschaubar bleibt.

    3. Liquiditätsplan aufbauen (Struktur)

    Ihre Tabelle sollte mindestens folgende Spalten/Zeilen haben:

  • Datum (wöchentlich)
  • Erwartete Zahlungseingänge (nach Kunde, Betrag, Zahlungsdatum)
  • Erwartete Zahlungsausgänge (Lieferanten, Löhne, Miete, Steuern)
  • Netto‑Cashflow (Einnahmen minus Ausgaben)
  • Saldo (eröffnender Kontostand + kumulierter Netto‑Cashflow)
  • Maßnahmen & Verantwortliche (bei negativer Prognose)
  • Ein einfaches Beispiel als Tabelle:

    Woche Eröffnender Saldo Zahlungseingänge Zahlungsausgänge Netto‑Cashflow Schlussaldo Maßnahme
    KW 1 50.000 € 30.000 € 40.000 € -10.000 € 40.000 € Forderungsinkasso priorisieren
    KW 2 40.000 € 20.000 € 35.000 € -15.000 € 25.000 € Lieferanten-Zahlungsziel verlängern

    4. Szenarien und Sensitivitätsanalyse

    Erstellen Sie mindestens drei Varianten:

  • Baseline: Erwarteter Umsatz und erwartete Zahlungseingänge.
  • Pessimistisches Szenario: 20–30% geringere Eingänge oder verzögerte Zahlungen.
  • Best‑Case: schnellere Zahlungseingänge, zusätzliche Aufträge.
  • Für jede Variante berechnen Sie den Saldo am Ende jeder Woche. Ziel: Identifizieren, ab welchem Zeitpunkt und wie groß die Liquiditätslücke ist.

    5. Gegenmaßnahmen vorbereiten und priorisieren

    Bei drohender Unterdeckung sollten Sie konkrete Instrumente in der Schublade haben. Bewährte Maßnahmen:

  • Verhandlung mit Lieferanten: Zahlungszielverlängerung oder Ratenzahlung.
  • Forderungsmanagement: Mahnungen, Skontoangebote für schnellere Zahlung, Factoring (z. B. Anbieter wie Finiata, Billie).
  • Banklinien aktivieren: Überziehungskredit, Kontokorrent oder kurzlaufender Kredit.
  • Kostensenkung: Pause bei nicht essenziellen Projekten, Einstellungsstopp, variable Kosten reduzieren.
  • Umsatzbeschleunigung: Anzahlungsanforderungen, Paketangebote, Upselling bei Bestandskunden.
  • 6. Verantwortung und Prozesse definieren

    Eine Liquiditätsplanung funktioniert nur, wenn klare Verantwortlichkeiten existieren. Legen Sie fest:

  • Wer aktualisiert den Plan (Finance, Controller)?
  • Wie oft wird er überprüft (täglich wöchentlich)?
  • Welche Schwellenwerte lösen Maßnahmen aus (z. B. Saldo unter 10.000 €)?
  • Wer entscheidet über Kreditlinien und Verhandlungen?
  • Tools und Templates

    Für den Einstieg reicht ein sauberes Excel‑Template. Ich stelle in Workshops häufig folgende Module bereit:

  • Wöchentliche Cash‑Flow‑Übersicht (90 Tage)
  • Debitorenmanagement‑Sheet mit altersgestaffelter Forderungsansicht
  • Maßnahmenplan mit Priorität, Kostenwirkung und Verantwortlichen
  • Wenn Sie ein Tool suchen, das repetitive Arbeit abnimmt, empfehle ich Lösungen wie Finmatics für automatisiertes Rechnungs‑ und Cashflow‑Matching oder CashflowForecast für detaillierte Planung. Für kleine Unternehmen sind digitale Buchhaltungsplattformen wie Lexoffice oder sevDesk hilfreich, weil sie Banktransaktionen und Rechnungen verbinden.

    Praxisbeispiele aus meiner Beratung

    Ein mittelständischer Kunde stand während einer Investitionsphase vor wiederkehrenden Engpässen. Durch eine 90‑Tage‑Planung identifizierten wir, dass ein großer Kunde seine Zahlungsziele verändert hatte. Maßnahme: Wir verhandelten gestaffelte Teilzahlungen und setzten kurzfristig Factoring für neue Rechnungen ein. Ergebnis: Keine Liquiditätskrise und die Investition konnte planmäßig abgeschlossen werden.

    Ein Startup mit Wachstumsschub verbaute ich in ein Szenario‑Regelwerk. Wir definierten: Bei Unterschreitung eines Puffers von 30.000 € wird automatisch ein Gespräch mit der Hausbank initiiert. Das gab dem Gründer Sicherheit und erhöhte die Reaktionsgeschwindigkeit — ein klarer Vorteil in dynamischen Phasen.

    Tipps, die sich bewährt haben

  • Arbeiten Sie mit echten Zahlungszeitpunkten, nicht mit Rechnungsdaten.
  • Pflegen Sie Ihre Debitorenliste kontinuierlich — veraltete Annahmen führen zu Überraschungen.
  • Haben Sie einen „Plan B“ (z. B. Factoring oder Kreditlinie), auch wenn Sie ihn nicht nutzen — nur so verhandeln Sie aus einer starken Position.
  • Kommunikation ist entscheidend: Teilen Sie Engpass‑Prognosen frühzeitig mit Lieferanten und Bankpartnern.
  • Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen ein einfaches Excel‑Template zur 90‑Tage‑Liquiditätsplanung zur Verfügung stellen oder gemeinsam mit Ihrem Team einen Plan in einer vierstündigen Session aufbauen. Auf HVbExpertise finden Sie weitere Checklisten und Beispiel‑Sheets, die Ihnen die Arbeit erleichtern.

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