Als Gründerin habe ich gelernt: Produkt-Markt-Fit ist kein schicker Slogan, sondern eine Reihe von beobachtbaren Signalen — und ja, sie lassen sich messen. In diesem Beitrag teile ich meinen praxistest, mit dem ihr systematisch und datengetrieben überprüfen könnt, ob euer Produkt wirklich beim Markt ankommt. Kein Bauchgefühl, sondern Kennzahlen, die Entscheidungen ermöglichen.
Warum Produkt-Markt-Fit messen?
Viele Gründerinnen und Gründer verharren in der Annahme, dass Wachstum automatisch bedeutet, das Produkt passe. Das stimmt nicht. Wachstum kann trügerisch sein (z. B. durch Marketing-Budgets oder Promotionen). Ich bevorzuge Kennzahlen, die echtes, nachhaltiges Nutzer- oder Kundeninteresse widerspiegeln: Wiederkauf, Retention, organische Weiterempfehlung, Nutzungstiefe und die Zahlungsbereitschaft.
Die fünf KPI-Säulen meines Praxistests
Ich messe Produkt-Markt-Fit entlang von fünf Säulen. Jede Säule beantwortet eine konkrete Frage — zusammen geben sie ein robustes Bild.
Konkrete Kennzahlen und Benchmarks
Benchmarks sind immer relativ — je nach Branche, Geschäftsmodell (SaaS, Marketplace, E-Commerce) variieren die Zielwerte. Trotzdem habe ich in zahlreichen Projekten Muster beobachtet, die als Ersteinschätzung dienen:
| KPIs | Was es aussagt | Pragmatischer Richtwert |
|---|---|---|
| 30-Tage-Retention | Wie viele Neukunden bleiben nach 30 Tagen aktiv? | Consumer-App: >20% | SaaS: >40% |
| Time-to-Value (TTV) | Wie schnell erzielt ein Nutzer echten Nutzen? | Idealerweise < 7 Tage (B2C), < 14 Tage (B2B) |
| Churn Rate (monatlich) | Wie viele Kunden verlieren wir pro Monat? | SaaS: < 5% | Subskriptionen allgemein: < 3–8% |
| ARPU / Wiederkaufrate | Monetarisierungsstärke und Loyalität | Jährliche Wiederkaufsrate > 40% (E-Commerce), ARPU-wachstum > 10% p.a. |
| Net Promoter Score (NPS) | Kundenzufriedenheit und Empfehlungsbereitschaft | > 30 = gut, > 50 = exzellent |
| Organischer Anteil der Nutzerakquise | Wie viel Wachstum ist ohne bezahlte Kanäle? | Bei entdeckt-growth: > 40% organisch |
So führe ich den Praxistest durch — Schritt für Schritt
Der Test ist pragmatisch und in zwei Wochen durchführbar, wenn die Dateninfrastruktur vorhanden ist. Fehlt sie, ist der erste Schritt, Tracking und einfache Dashboards aufzubauen.
Ich empfehle, nicht mehr als drei Hebel gleichzeitig zu verändern — sonst wisst ihr nicht, was wirkt.
Beispiel aus der Praxis
In einem meiner Projekte hatte ein SaaS-Produkt eine akzeptable Anmelderate, aber schwache 30-Tage-Retention (ca. 22%). Die Hypothese: Nutzer verstehen den Kernnutzen nicht schnell genug. Wir messten TTV und segmentierten nach Feature-Nutzung. Ergebnis: Kunden, die innerhalb der ersten 72 Stunden das Template-Feature nutzten, hatten eine 65% höhere Retention.
Maßnahme: Wir optimierten das Onboarding so, dass das Template-Feature prominent und interaktiv vorgestellt wurde, plus eine 72-Stunden-E-Mail mit konkreten Use-Cases. Ergebnis nach 8 Wochen: 30-Tage-Retention stieg auf 38% — kein zusätzliches Marketingbudget, nur Produkt- und Kommunikationsoptimierung.
Was tun, wenn die KPIs schlecht sind?
Schlechte Kennzahlen sind kein Versagen, sondern ein Signal. Priorisiert Maßnahmen nach Hebelwirkung und Aufwand:
Mein Tipp: Startet mit dem Onboarding und dem ersten Wertversprechen — das sind meist die niedrig hängenden Früchte.
Vorsicht: KPI-Fallen, die ich häufig sehe
Ich habe drei Fallen identifiziert, die Gründer oft übersehen:
Tool-Empfehlungen für die Umsetzung
Für schnelle Analysen und Automatisierung nutze ich gerne:
Die Tools sind Mittel zum Zweck — wichtiger ist, die Daten konsequent zu interpretieren und Maßnahmen abzuleiten.
Wenn ihr möchtet, kann ich euch ein einfaches Dashboard-Template und eine Checkliste für den Zwei-Wochen-Praxistest zur Verfügung stellen, das ich in mehreren Gründungsprojekten erfolgreich eingesetzt habe. Schreibt mir kurz, welche Branche und welches Geschäftsmodell ihr habt — dann passe ich die Empfehlungen an.