Wenn ich Gründerinnen und Gründern empfehle, wie sie sich auf Investorengespräche vorbereiten sollen, nenne ich eine klare Regel: Überzeugung beginnt mit Vorbereitung. Eine strukturierte Due-Diligence-Liste ist dabei Ihr stärkstes Werkzeug. Sie signalisiert Professionalität, reduziert Nachfragen und beschleunigt Entscheidungen. In diesem Beitrag teile ich meine Praxis, welche Dokumente wirklich zählen, wie Sie die Liste priorisieren und worauf Investoren besonders achten.
Warum eine Due-Diligence-Liste für Investorengespräche so wichtig ist
Investoren erwarten, dass Gründer*innen ihre Zahlen, Verträge und Annahmen sauber dargelegt haben. Fehlen Unterlagen, wirkt das wie ein Warnsignal — selbst wenn das Geschäftsmodell gut ist. Eine gut strukturierte Liste hilft Ihnen:
- den Gesprächsverlauf zu steuern und Vertrauen aufzubauen;
- Zeitraubende Nachschublieferungen zu minimieren;
- die wichtigsten Risiken proaktiv zu adressieren;
- intern transparent zu arbeiten und Verantwortlichkeiten zu klären.
Wie ich die Liste strukturiere: Komponenten und Priorität
Ich teile die Due-Diligence-Liste in sechs Hauptbereiche: Geschäft (Business), Finanzen, Markt und Kunden, Technologie/Produkt, Rechtliches und Team/Organisation. Innerhalb dieser Bereiche unterscheide ich zwischen Must-Haves (die Investoren vor dem ersten Term Sheet wollen), Nice-to-Haves (die beim fortgeschrittenen Prozess nützlich sind) und Backup (Detailunterlagen, die selten sofort gefordert werden).
Kerncheckliste — Must-Haves
Diese Dokumente sollten Sie idealerweise bereits vor dem ersten Meeting zur Hand haben oder in der Lage sein, sie kurzfrisitg zu liefern:
- Pitch-Deck (10–15 Folien): Problem, Lösung, Geschäftsmodell, Marktgröße, Traction, Team, Finanzbedarf und Use of Funds.
- Executive Summary (1 Seite): Kompakte Zusammenfassung der wichtigsten Fakten.
- Finanzübersicht: Aktuelle GuV, Bilanz (falls vorhanden), Cashflow-Prognose 12–24 Monate, Cap Table.
- Kunden- und Vertriebsnachweis: Kundenliste (anonymisiert falls nötig), ARR/MRR, wichtige Verträge oder Absichtserklärungen (LOIs).
- Rechtliches Grundpaket: Gesellschaftsvertrag/Gründungsurkunden, Gesellschaftervereinbarungen, IP-Nachweis (Marken, Patente) und ggf. NDAs.
- Team-Profil: Kurzbiographien der Gründer und Schlüsselpersonen inkl. Equity-Struktur.
Nice-to-Haves: Worauf Investoren im vertieften Prozess schauen
Wenn das Interesse steigt, werden Investoren tiefer graben. Ich bereite deshalb folgende Unterlagen vor:
- Detailierte Monats-/Quartalszahlen der letzten 12–24 Monate
- Unit Economics und Customer Acquisition Cost (CAC), Customer Lifetime Value (CLTV)
- Produkt-Roadmap und technische Architektur-Dokumente
- Kundenreferenzen und Case Studies
- Verträge mit Lieferanten und wichtigen Partnern
- Marketing- und Sales-Kanäle mit KPIs (z. B. Conversion Raten, CPM/CPA)
Backup-Unterlagen: Für tiefe rechtliche oder technische Prüfungen
Diese Dokumente legt man in der Regel erst auf explizite Anfrage vor. Dennoch ist es effizient, sie vorbereitet zu haben:
- Vollständige Vertragsordner (Arbeitsverträge, Beratungsverträge, Lizenzverträge)
- Datenschutz-Dokumentation (DSGVO-Compliance, Verarbeitungsverzeichnisse)
- Code-Repositories, Test-Coverage-Berichte und Sicherheits-Audits
- Historie von Finanzierungsrunden, SAFE/Convertible-Notes, Zins- und Tilgungspläne
Praktisches Format: So präsentiere ich die Liste
Ich empfehle, die Liste in zwei Formen vorzubereiten:
- Eine kompakte PDF (1–2 Seiten) mit der Übersicht, welche Dokumente vorhanden sind und wo sie liegen (z. B. Link zu einem sicheren Cloud-Ordner).
- Ein strukturiertes Repository (z. B. Google Drive, Dropbox oder ein Virtual Data Room), das die Dokumente sauber nach Bereichen sortiert enthält.
Wichtig: Verwenden Sie klare Dateinamen und ein Inhaltsverzeichnis im Root-Ordner. Ein Beispiel: “01_Business_PitchDeck_v1.pdf”, “02_Finance_CapTable_2025.xlsx”.
Beispiel-Tabelle: Minimale Organisationsstruktur für den Datenraum
| Ordner | Typische Dokumente | Priorität |
|---|---|---|
| Business | Pitch-Deck, Executive Summary, Marktanalyse | Must-Have |
| Finanzen | GuV, Cashflow-Projektion, Cap Table | Must-Have |
| Kunden & Vertrieb | Kundenliste, Verträge, Traction-KPIs | Must-Have / Nice-to-Have |
| Produkt & Tech | Roadmap, Architektur, Testberichte | Nice-to-Have |
| Rechtliches | Gesellschaftsvertrag, IP, Arbeitsverträge | Must-Have / Backup |
| Compliance | DSGVO-Dokumentation, Audit-Reports | Backup |
Tipps für die Zusammenarbeit mit Investoren: Transparenz und Timing
Meine Erfahrung zeigt: Investoren schätzen Ehrlichkeit mehr als ein perfekt abgeschliffenes Bild, das bei Nachfrage bröckelt. Teilen Sie klar mit, welche Informationen vollständig sind und wo Sie noch arbeiten. Setzen Sie realistische Fristen, etwa:
- Sofort verfügbar: Pitch-Deck, Executive Summary
- Innerhalb 3–5 Werktagen: Finanzzahlen und Cap Table
- Innerhalb 10–15 Werktagen: Verträge und technische Dokumente
Wenn Sie Fristen nicht halten können, kommunizieren Sie dies proaktiv und begründet — das stärkt Vertrauen.
Häufige Stolperfallen und wie ich sie vermeide
Einige typische Fehler, die ich immer wieder sehe:
- Unsaubere Cap Table: Unklare Anteilsverhältnisse und bisherige Verwässerungen führen zu langen Rückfragen. Ich pflege den Cap Table laufend und habe Szenariorechnungen parat.
- Vage Marktannahmen: Große Umsatzprojektionen ohne nachvollziehbare KPIs wirken unglaubwürdig. Ich dokumentiere Annahmen und Quellen (Marktstudien, Kundenfeedback).
- Fehlende Compliance-Dokumente: DSGVO-Lücken oder unklare Lizenzverhältnisse bremsen den Prozess. Ich lasse rechtliche Basics frühzeitig prüfen.
Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen eine Vorlage für eine Due-Diligence-Checkliste zuschicken, die Sie direkt an Ihr Team weitergeben können. In meinen Workshops arbeiten wir diese Liste auch in praxisnahen Übungen durch — damit Sie im Pitchtermin nicht nur reden, sondern auch liefern.